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von Andreas » 23. Jan 2011, 20:01
Irgendwann im Spätherbst 1996 reifte die Idee: Alltagscabrio (SAAB 900S, noch ohne Opel, dafür mit lustlosem Motorola 68000-Chip für die Motorsteuerung) verkaufen und MGA als Alltagswagen anschaffen.
Schatzi meinte: Geht das denn? Und das war genau die richtige Frage, die später auch zum genau richtigen Auto geführt hat. Denn den Hinweis "Das beste kaufen, dann ist Ruhe!", den gab es auch damals schon. Aber ich wollte den MGA ja fahren, gebrauchen, möglicherweise auch verbrauchen. Und ihn - wenn das alles irgendwie ganz anders kommen würde als erträumt - auch schnell wieder ohne Verlust, aber mit Gewinn loswerden können.
Wir haben uns insgesamt ein dutzend MGA angeschaut. Prozedere war immer gleich: Anzeigen gucken, anrufen, abtesten, MGBGTV8 volltanken, nach Feierabend irgendwohin in Deutschland fahren, gucken, testen, Kaffetrinken, entnervt wieder heim, MGBGTV8 wieder volltanken.
Am Ende wurde es dann der hellblaue. Mittlerweile hatten wir ein Tool zur Schnellbewertung entwickelt, die 50, 60 wichtigen Parameter waren in einer Tabelle eingetragen, wurden bewertet, so konnte man dem Verkäufer schon nach einer 30-Minuten-Besichtigung das Angebot zurufen und dann auch meist heimfahren.
Nur der blaue, der schaffte es. Farbe - gefiel nicht; Lack: miserabel; Rost: nur kosmetisch; Rahmen, Karosse, Spaltmasse: gut bis sehr gut; Motor, Getriebe: vorhanden (das kann ich alles selbst machen). Bremsen: Nachweisbar neu. Der Verkäufer half bei TÜV und H-Gutachten, lieferte nach Düsseldorf, nach 20 Kilometern ging der Motor hoch (falsches Kolbenspiel, Umrechnungsfehler in mexikanischer Werkstatt), also noch mal ein Wochenende Arbeit und 450 Mark für Kolbensatz hingelegt, und seitdem: Fun, fun, fahrn.
Das Ding ist immer noch blau, der Lack immer noch miserabel, einiger kosmetischer Rost wurde strukturell und dann beseitigt, es gab lehrreiche Einschläge auf der Nordschleife, viele Kinderwagen haben sich beim Aldi-Parkplatz an den Kotflügeln verewigt, ich habe sehr viel gelernt und der blaue und ich fahren nun auf die gemeinsamen 200.000 Kilometer zu.
Wir haben den Kofferraum voll Blumenerde geschaufelt, und in Assen mal eben die Frontscheibe rausgerupft (bringt 10 km/h Spitze), Bei Freund Peter in den verstecken Steinhaufen reinsemmeln (das sind die grauen Grundierungs-Flecken im rechten Kotflügel) war blöd, aber mit meinem Kumpel Karsten nach Feierabend in 55 Minuten einene Motortausch machen war toll. Die Kiste war nämlich am nächsten Tag unserer Freundin Christiane für eine Rallyteilnahme zum runden Geburtstag versprochen. Das hat sie auch alles toll gemeistert, nur wurde der Motor immer total heiß. Man sollte halt das Rallye-Schild nicht auf dem Kühlergrill platzieren...
Im Winter fahren wir notgedrungen auch hinter dem Streuwagen her (splatter, splatter), das macht aber nichts, denn irgendwann im Frühjahr wirds ja auch wieder regnen wie blöde, da wird das Salz abgewaschen.
Was der damals gekostet hat? Parundzwanzichtausend Mark. Heute bekommt man sowas nur noch schwer, jetzt sind die alle restauriert, und Schnee und Salz und Nordschleifen-Leitplanken und Aldi-Parkplatz-Kinderwagendellen sind ja dann irgendwie blöd. Ganz zu schweigen von "wir müssen hier mal schnell Gurtaufnahmen reinschweißen, der Veranstalter morgen will Sicherheitsgurte", "gib mal die Säge, der umgebaute MGB-Stoßdämpfer passt sonst nicht", "Verdeck: Das stört nur, ab in den Keller, wir nehmen Regenkombis"
Und die Quintessenz meines Elaborats?
Ich erfreue mich seit 12 Jahren an einem tollen Auto. Es war nicht der schönste, abr wohl der vernünftigste. Hätte er nicht gefallen, wäre er wohl ohne Verlust weggegangen, weil die Substanz stimmte.
Ich freu mich auf die nächsten zwölf Jahre. Und 2022 ist er wohl immer noch blau, mit kosmetischem Rost...
Cheers, Andreas